Prostitution ist eines der ältesten Gewerbe, in dem vorrangig Frauen arbeiten. Trotz Aufklärungsarbeit, Prostitutionsschutzgesetz und strengen Kontrollen wird Sexarbeit immer wieder mit Zwangsprostitution und Menschenhandel assoziiert. Die Ergebnisse einer aktuellen Forschungsarbeit sind so alarmierend, dass die Wissenschaftler und Politiker jetzt ein Prostitutionsverbot für Deutschland fordern. Wir haben die Ergebnisse und Forderungen zusammengefasst.
Mehr als 90 Prozent der Prostituierten arbeiten unfreiwillig
Verfassungsrechtsanwalt Ulrich Rommelfanger und Sozialethikprofessorin Elke Mack haben in ihrer Forschungsarbeit aufgedeckt, dass über 90 Prozent der meist weiblichen Prostituierten ihren Job nicht freiwillig machen, sondern „vielfach Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel“ sind, wie Ulrich Rommelfanger gegenüber „Welt“ bestätigt.
Täglich mehrere Freier „abzuarbeiten“ sei laut dem Forscherteam mit schwerer Körperverletzung durch Zuhälter und gewaltbereite Freier verbunden. Laut Elke Mack hat dieser Arbeitsalltag verheerende Folgen für die Frauen: „Sie leiden deshalb unter psychischen Traumatisierungen, wie wir sie sonst nur von Folteropfern und Kriegsveteranen kennen.“ Aufgrund der Ergebnisse sei die derzeitige Gesetzeslage zu Prostitution verfassungswidrig – das sehen auch einige Politiker so.
Prostitution als Straftat? Politiker fordern das nordische Modell für Deutschland
SPD und CDU/CSU wollen Frauen mit einem Sexkauf-Verbot vor Prostitution und der damit verbundenen Ausbeutung schützen. Die Vize-Fraktionschefin der CSU, Dorothee Bär, sagte gegenüber „Welt“, dass die Situation fast aller 250.000 Sexarbeiterinnen, darunter viele Minderjährige, „so katastrophal sei wie noch nie“. Für den Staat sei es nicht möglich, Sexarbeiterinnen in ihrer Arbeit zu schützen, sondern man müsse sie vor Prostitution schützen.
SPD-Politikerin Leni Breymaier sagte, dass die aktuelle Gesetzeslage verfassungswidrig sei, da es „zu einem dauerhaften Verstoß gegen die in Artikel 1 Grundgesetz festgelegte Menschenwürde“ komme. Für eine Klage beim Bundesverfassungsgericht braucht sie 184 unterstützende Abgeordnete – und die Chancen stehen gut, diese Mehrheit zu erreichen: „Auch bei SPD und Grünen gibt es kritische Abgeordnete, in der Union sowieso.“
Mit einer Einführung des nordischen Modells, wie es bereits in Skandinavien, Irland und Frankreich gilt, machen sich Freier künftig strafbar, wenn sie für Sex bezahlen – die Prostituierten bleiben straffrei. Das soll Kunden vom Sex-Kauf abschrecken und die Nachfrage nach Sex gegen Geld minimieren.
Kritik an Prostitutionsverbot von Grünen, FDP und AfD
Die Forderung des Forscherteams und der Politiker hat nicht nur Befürworter, sondern auch Kritiker, die an den Plänen zum Prostitutionsverbot zweifeln. Eine von ihnen ist Grünen-Politikerin Denise Loop. Sie ist überzeugt, dass ein Verbot zu mehr Gewalt gegenüber Sexarbeiterinnen führen würde. Die frauenpolitische Sprecherin der FDP, Nicole Bauer, hat ähnliche Zweifel am geplanten Verbot. Die AfD ist generell gegen ein Sex-Kauf-Verbot.