Dein Freund oder deine Freundin schaut gerne (und oft) Pornos, aber du stehst überhaupt nicht auf Sexfilme? Diese Konstellation kann laut Sexualtherapeut Volker van den Boom in 90 Prozent der Fälle belastend für eine Beziehung sein. Der Pornokonsum des Partners muss aber nicht zum Streitthema mutieren oder das Aus für eure Partnerschaft bedeuten. So geht ihr mit Pornos in eurer Beziehung um.
Wenn dein Partner in der Beziehung Pornos schaut
Männer schauen Pornos oft aus Langeweile und Frauen, um sich sexuell inspirieren zu lassen – das bestätigt Volker van den Boom im Instyle-Interview. Egal ob Zeitvertreib oder Quell der Inspiration, wenn nur einer von euch gerne Pornos guckt, hat das diverse Vor- und Nachteile.
Vorteile, wenn dein Freund bzw. deine Freundin Pornos schaut
Unkritischer Pornokonsum, dessen Intensität das eigene soziale Leben nicht einschränkt oder schlimmstenfalls das Liebesleben versaut, kann laut Sexualtherapeutin Jana Förster „ein zusätzlicher Stimulus” sein. Im Bild-Interview verrät sie, warum Pornos ein Plus für den Sexdrive sein können: „Pornografie ist mit der Selbstbefriedigung eng verknüpft und diese ist enorm wichtig für die eigene sexuelle Gesundheit. Sich also regelmäßig selbst zu befriedigen, auch wenn man in einer festen und glücklichen Partnerschaft ist, ist absolut legitim und aus therapeutischer Sicht wünschenswert.“ Genussvoller Solosex sorgt für lustvollen Sex mit dem Partner.
Pornos können nicht nur eine stimulierende, sondern auch regulierende Wirkung bei Verlangensunterschieden haben. Will dein Partner täglich Sex und dir reicht es einmal wöchentlich, können Pornos das Mittel der Wahl sein, um das Bedürfnis zu stillen.
Pornofilme befriedigen nicht nur Sex-Fantasien (die man real niemals umsetzen würde), sondern wecken auch das Interesse an (S)Experimenten. Jana Förster sagt dazu: „Es kann also auch sehr befruchtend sein, sich darüber regelmäßig auszutauschen. Die Sexualität unterliegt ständigen Schwankungen und Entwicklungen, wenn sie gesund gelebt wird.“ Mittlerweile gibt es viele feministische und alternative Pornos mit Praktiken, die beiden Geschlechtern Spaß machen – auch, wenn sie nur dein Partner schaut.
Betrachte Pornos also nicht als Feind, wenn dein Partner sie alleine guckt, sondern integriere den erotischen Inhalt in euer Sexleben. Wenn ihr gemeinsam einen Porno guckt, sucht ihn auch gemeinsam aus, damit er euch beide erregt.
Nachteile, wenn der Partner Pornos schaut
Schaut der Partner heimlich Pornos, gilt das für viele schon als Fremdgehen. In dieser Beurteilung schwingt die eigene Unsicherheit mit: Als Partner des Pornofans fragst du dich, ob du nicht sexy genug bist, dem anderen etwas in der Beziehung fehlt oder ob er das Gesehene in die Tat umsetzen will – aber nicht mit dir. Glaubt man einer US-amerikanischen Studie mit 357 Teilnehmern zwischen 20 und 73 Jahren, gibt es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen dem Pornokonsum und der Zufriedenheit in einer Beziehung.
Das Ergebnis: Wer in seiner Partnerschaft unzufrieden ist, schaut mehr Pornos. Unklar bleibt nach wie vor, was Ursache und Wirkung ist. Mit Pornos versucht der Partner, seine Unzufriedenheit in der Partnerschaft zu kompensieren, oder Pornofilme führen ihm vor Augen, was ihm sexuell fehlt – was ihn wiederum unzufrieden macht. Die Studienteilnehmer gaben an, dass ihnen der Pornokonsum aus der Einsamkeit hilft und sie der Realität entfliehen können.
Hier liegt das Problem: Schaut ein Partner in der Beziehung ständig Pornos, driftet er vom realen Sexleben ab, empfindet kaum bis keine Lust mehr auf echte Paarsexualität und spaltet sich immer mehr vom anderen Partner ab. Laut der oben genannten Studie betrifft dieses Problem eher Männer (75 bis 85 Prozent) als Frauen (20 bis 30 Prozent). Ufert der Pornokonsum besonders bei Männern aus, kann es zu Erektionsproblemen kommen.
Liebe vs. Porno: Warum Pornoschauen kein Fremdgehen ist
Pornos bedienen bestimmte Fantasien. Die meisten Pornokonsumenten stellen sich zwar Sex mit den Darstellern vor, sehen diese Personen aber nicht als Partner an ihrer Seite. Nur, weil dein Partner sich gerne diverse Sexszenen mit einem bestimmten Typ ansieht, bedeutet das also nicht, dass er dich nicht sexy findet oder dich ersetzen würde!
Das gilt auch für diverse Praktiken. Wer maßvoll und bewusst Pornofilme konsumiert, erwartet den gezeigten Sex nicht automatisch von seinem Partner. Selbst wenn Fremdgehen für dich bereits im Kopf anfängt, hat dein Gegenüber keinen realen Kontakt zu den Darstellern.
So gehst du damit um, wenn dein Partner Pornos schaut
Guckt dein Ehemann oder deine Freundin Pornofilme, ist das kein exotisches Hobby, denn statistisch betrachtet sind die Deutschen im internationalen Vergleich Porno-Weltmeister in Sachen Konsum. Das bestätigt der Psychologe Ferdinand Mitterlehner im Interview mit Freundin.de: „Die Deutschen sind im Vergleich zu anderen Ländern an der Spitze im Porno-Konsum, Männer wie Frauen und das oft sogar während der Arbeitszeit.” Wenn das Porn Binge Watching deines Partners euer (Liebes)Leben negativ beeinflusst, solltest du handeln.
Jana Förster empfiehlt, das Thema zeitnah und vorsichtig beim anderen anzusprechen und nicht zu warten, bis der Frust zu groß ist: „Ich erlebe oft, dass so lange mit dem Gespräch gewartet wird, bis die Eröffnung des Gesprächs nur noch von sprudelnden Vorwürfen geprägt ist.” Das bringt euch als Paar nicht weiter. Frage deinen Partner, wie er selbst seinen Pornokonsum erlebt und ob er diesen bedenklich findet. Wenn er keine Probleme sieht, sag ihm, wie du dich damit fühlst – vor allem, wenn der Partner heimlich Pornos schaut.
Eine andere Möglichkeit ist der Vorschlag, gemeinsam Pornos zu gucken. Signalisiere dein Interesse an den Erotikclips, die der andere gerne ansieht, und lerne etwas über seine sexuellen Vorlieben. Das bedeutet nicht, dass ihr anschließend Sex wie im Porno haben müsst. Setzt nur in die Realität um, was euch beiden gefällt. Erotikfilme sind gute Inspirationen, um euer Liebesleben aufzufrischen. Aber nicht alles, was visuell erregend ist, ist auch in der Realität sexy.