Pornos wirken wie eine Droge. Auf den nächsten Klick folgt der nächste Kick und man mutiert zum Porno-Binge-Watcher. Gerät der Pornokonsum außer Kontrolle, landet man schnell in einer Pornosucht. Aber ab wann ist man eigentlich pornosüchtig und was kann man gegen eine Pornografiesucht tun? Hier gibt’s die Antworten!
Was ist eine Pornosucht?
Pornosucht ist eine Form von Sexsucht. Anders als bei anderen sexuellen Suchterkrankungen geht es bei Pornografiesucht um visuelle Reize und nicht um körperlichen Kontakt mit sich selbst oder anderen Personen. Schätzungen zufolge ist Pornosucht bei Frauen nicht so stark verbreitet wie bei Männern.
Dass aus Pornolust sehr schnell Pornosucht werden kann, liegt vor allem an der Tatsache, dass Pornos mit wenigen Klicks „zu beschaffen“ sind. Das Smartphone und eine Internetverbindung reichen aus, damit man jederzeit und überall Erotikvideos konsumieren kann – uneingeschränkt.
Jeder Porno löst beim Anschauen Glücksgefühle aus, und das Gehirn schüttet beim sexuellen Reiz Botenstoffe wie Dopamin, Serotonin und Endorphin aus. Daran gewöhnt man sich schnell, sodass das Gehirn immer mehr Reize für den Kick braucht: ein Teufelskreis.
Männer sind häufiger süchtig nach Sexvideos als Frauen
Wissenschaftler der Forschungsgruppe „Pornografiekonsum und Hypersexualität“ an der Professur Psychotherapie und Systemneurowissenschaften Uni Gießen gehen davon aus, dass rund 5 Prozent der Männer und 3 Prozent der Frauen betroffen sind. Genaue Zahlen zur Pornografiesucht gibt es aber nicht.
Aber warum ist die Pornosucht bei Männern stärker verbreitet als bei Frauen? Weil Männer einfacher auf visuelle Reize reagieren. Die Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin Miriam Kegel erklärt das im Interview mit RP online so: „Der Körper schüttet bei neuen sexuellen Reizen Dopamin aus. Dieser Botenstoff löst das Empfinden von Lust, Verlangen und Glück aus, sagt dem männlichen Gehirn sozusagen immer wieder: ‚Das ist eine super Erfahrung, die lohnt sich für dich!’ Beim Pornokonsum kommt es also zu einem übernormalen Glücksgefühl.“
Für unsere Vorfahren war es evolutionär ein großer Vorteil, dass der Mann effektiv mit sexuellem Verlangen auf visuelle Reize reagiert hat und dank des Dopamins eine Erektion in Folge dessen bekam. Heute hat die direkte Auswirkung solcher Reize ein hohes Suchtpotenzial.
Ab wann ist man pornosüchtig?
Von Pornografiesucht spricht man, wenn der Pornokonsum zum Zwang wird und man im Alltag von dem Gedanken an Erotikfilme getrieben ist. Der ganze Tag dreht sich um die sexuelle Befriedigung durch Pornovideos, und Betroffene vernachlässigen normale Alltagstätigkeiten, Freundschaften und ihren Job. Ihr Alltag dreht sich um Pornografie, Masturbieren und die Gedanken an sexuelle Reize. Kurzum: Man gilt als pornosüchtig, wenn man nicht auf Pornos verzichten kann!
Wer süchtig nach Pornos ist, der empfindet die Sexualität in seiner Beziehung als unbefriedigend und hat nur noch sexuelle Kicks und Orgasmen beim Pornokonsum. Auch die Art der Filme ändert sich bei Pornosüchtigen. Sind anfangs Soft-Pornos noch erfüllend, müssen es irgendwann Hardcore-Filme sein bis hin zu Gewaltpornos, die Betroffene erst einmal irritieren, wie Miriam Kegel weiß: „Viele Betroffene wundern sich über ihre plötzlich entstandenen neuen sexuellen Neigungen.“ Sie sind ein Ergebnis der Suche nach dem nächsten krassen Kick.
Was sind die Symptome einer Pornosucht?
Das offensichtlichste Symptom einer Pornosucht ist die Tatsache, dass man nicht auf Pornos verzichten kann, egal ob Single, in einer Beziehung oder verheiratet, mit oder ohne aktivem Sexleben. Kippt das Gleichgewicht zwischen sexueller Befriedigung durch Pornos und dem realen Liebesleben mit dem Partner, ist die Sache klar. Das belastet nicht nur die Partnerschaft, sondern kann intime zwischenmenschliche Beziehungen unmöglich machen.
Der eigene Partner ist sexuell uninteressant geworden, weil die visuellen Reize der Pornofilme die Oberhand gewonnen haben, wie Sexualtherapeutin Miriam Kegel erklärt: „Ist die Dopaminübertragung einmal gestört, kommt es dann bei realem Sex tatsächlich zu einem Lust-Verlust und Erektionsstörungen. […] Die Rezeptoren sind einfach auf Überstimulation eingestellt.“
Das kann auch im Alltag Folgen haben und zu Konzentrationsschwierigkeiten und natürlich einer eingeschränkten Libido führen. Wer seinen Alltag und seine Beziehungen nicht mehr in den Griff bekommt, läuft Gefahr, dass die Pornosucht Depressionen auslösen kann. Außerdem kann das Bild einer gesunden Sexualität und echten sexuellen Partnerschaften verloren gehen. Pornos verdrängen die Realität und das kann dauerhaft zu einem toxischen Sexleben führen. Die Folgen einer Pornosucht sind also nicht zu unterschätzen und schränken den Alltag von Männern enorm ein.
Wer vermutet, dass er unter Pornosucht leidet, macht den ersten Schritt in Richtung Heilung. Leider ist eine fachliche Diagnose nicht so einfach, wie Professor Dr. Rudolf Stark von der Uni Gießen im GQ-Interview verrät: „Bislang ist Pornosucht keine anerkannte Diagnose.“ Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) arbeitet aber bereits an einer Klassifizierung.
Test: „Bin ich pornosüchtig?“
Wer noch unsicher ist, ob sein Pornokonsum bedenklich oder normal ist, dem hilft ein Pornosucht-Test wie der folgende:
- Onlinesex und Tube-Pornoseiten sind spannender als realer Sex?
- Zeiten, in denen man nicht online sein kann, sind langweilig, machen aggressiv oder unruhig?
- Steigt der Konsum von Onlinesex-Filmen stetig an?
- Beeinflusst das Pornoschauen den beruflichen und privaten Alltag?
- Sind andere Tätigkeiten oder Hobbys uninteressant geworden?
- Masturbieren und Pornos werden immer häufiger zum Entspannen benutzt?
- Dem Partner wird das Pornogucken verheimlicht?
Wenn die meisten Fragen mit Ja beantwortet werden, deutet das auf eine Pornosucht hin.
Tipps gegen Pornosucht und wie man sie bekämpfen kann
Die gute Nachricht ist, dass man etwas gegen Pornosucht tun kann. Es gibt verschiedene Wege aus der Pornosucht und man kann diese spezielle Variante der Sexsucht heilen und behandeln. Die schlechte ist, dass man sie erkennen und sich eingestehen muss und ein radikaler Entzug von Pornos definitiv dazugehört. Wer seine Pornosucht bekämpfen will, der muss der Spirale der Reizüberflutung durch Erotikfilme entkommen und das geht am besten mit therapeutischer Hilfe von spezialisierten Psychotherapeuten.
In einer professionellen Therapie lässt sich die Pornosucht besiegen, indem Suchtmuster unterbrochen werden und das Belohnungszentrum sensibilisiert wird. Dabei werden laut Professor Dr. Stark auch die Hintergründe der Pornosucht ermittelt, wie etwa soziale Ängste und die allgemeine Freizeitgestaltung der Betroffenen.
Um die Pornosucht loszuwerden, muss man sich also des Problems bewusst sein, sich professionelle Hilfe suchen und einen Porno-Entzug machen, um sie loszuwerden. Pornosüchtige sind auf ihrem Weg aber nicht allein, denn es gibt mehr betroffene Menschen, als man denkt.
Hilfe finden bei Pornosucht
Wer sich nicht gleich zum Spezialisten traut oder sich während seiner Pornosucht-Therapie über die möglichen Entzugserscheinungen der Pornosucht austauschen möchte, findet in einem Pornosucht-Forum ebenfalls Betroffene. Professor Dr. Stark und das Team der Uni Gießen ist für Fragen von Betroffenen per E-Mail zu erreichen. Zudem gibt es Selbsthilfegruppen für Pornografiesüchtige in Deutschland, die auf der Seite „Safersurfing“ zu finden sind. Hier findet man auch eine Liste von Beratungsstellen.
Mittlerweile finden in über 40 Städten Treffen der anonymen Sex- und Liebessüchtigen statt. Neben ambulanten Suchttherapeuten gibt es auch Suchtkliniken, die auf Pornografiesucht spezialisiert sind.