Einer der größten Beziehungs-Fails ist ganz klar: Fremdgehen oder sogar eine Affäre. Bei der Frage, ob man den Seitensprung beichten soll, ist guter Rat teuer. Ein Geständnis kann unter bestimmten Voraussetzungen eine gute Idee sein – oft ist es jedoch nicht so. Damit aus einer gutgemeinten, reumütigen Beichte keine Beziehungskatastrophe wird, verraten wir Expertenmeinungen, wann du einen Seitensprung beichten und wann du ihn verheimlichen solltest.
Frauen wagen öfter Seitensprünge als Männer – und leiden mehr darunter
Laut einer Studie der Datingplattform Elitepartner von 2020 ist jede dritte Frau und jeder vierte Mann in einer festen Beziehung schon mal fremdgegangen. Am häufigsten betrügen Frauen ihren Partner in ihren 30ern: In dieser Lebensphase sind 39 Prozent der befragten Frauen schon mal fremdgegangen. Einen Seitensprung haben laut einer TheraTalk-Studie 44 Prozent der betrogenen Männer und 44 Prozent der Frauen selbst herausgefunden – gebeichtet haben nur 30 Prozent der Partnerinnen und 24 Prozent der Partner ihren Fehltritt.
Die beiden Soziologen Christiane Bozoyan und Claudia Schmiedeberg fanden in einer andauernden Langzeitstudie mit fast 14.000 Teilnehmern heraus, dass die Zufriedenheit von Frauen in ihrer eigenen Partnerschaft nach einem Seitensprung um 1,16 Punkte und bei Männern nur um 0,62 Punkte sinkt. Frauen empfinden Seitensprünge bei ihrem Partner also schlimmer als Männer.
Gründe, deinen Seitensprung zuzugeben
Ob du überhaupt einen Seitensprung zu beichten hast, hängt davon ab, was in deiner Partnerschaft als Fremdgehen gilt: sexy Gedanken an andere, Küssen, Schmusen, Flirten oder Sex? Egal, was es ist, es gibt Gründe, deinen Fehltritt zu beichten:
Ehrlichkeit und Transparenz sind wichtiger als negative Konsequenzen
Wenn Ehrlichkeit das höchste Gut in deiner Partnerschaft ist, solltest du dein Fremdgehen beichten. Denn das gehört dazu, wenn du einen Fehler gemacht hast. Ist es dir wichtiger, die Wahrheit zu sagen und transparent mit deinen Fehlern umzugehen, solltest du mit den Konsequenzen umgehen können. Dein Partner wird höchstwahrscheinlich enttäuscht, verletzt und am Boden zerstört sein. Eure Beziehung wird womöglich ins Wanken geraten oder vorbei sein. Beichte deine Sex-Affäre oder deinen Seitensprung nur, wenn du auch mit der ehrlichen Reaktion der betrogenen Person umgehen kannst.
Es tut weh, ist unangenehm, aber es ist sicher besser, wenn dein Partner es von dir erfährt als von einer dritten Person. Affären-Managerin und Paartherapeutin Melanie Mittermaier hat dazu eine klare Meinung in ihrem Blog: „Was ich nicht weiß, belastet mich nicht, ich entwickle mich aber auch nicht weiter. Wenn ich keine Ahnung davon habe, was mir Angst macht, kann ich mich damit nicht beschäftigen.” In einer ehrlichen Beichte steckt Entwicklungspotenzial.
Wenn der Seitensprung einen Mehrwert für die Beziehung hat
Seitensprünge müssen nicht immer das Aus für eine Beziehung bedeuten, wie Paartherpeut Wolfgang Schmidtbauer im Profil.at-Interview beschreibt: „Wenn es passiert ist, muss man versuchen, konstruktiv mit der Situation umzugehen. Ein Seitensprung kann auch belebend wirken und letzten Endes zusammenschweißen.“ Beim Fremdgehen geht es selten um Sex, sondern darum, seinen Selbstwert zu steigern. Oder es passiert, weil der Partner seine Liebe nicht ausreichend zeigt.
Ein Seitensprung kann ein Wake-up-Call sein, um dem Anderen – auf zugegeben harte Art und Weise – das Offensichtliche noch deutlicher zu machen. Psychotherapeut und Buchautor Dr. Wolfgang Krüger („Treue: Der Konflikt zwischen Vertrauen und Begehren“) fasst es im Bild-Interview auch in der Außenwirkung treffend zusammen: „Wir machen einen neuen Anlauf und wir probieren es noch einmal.“
Mit dem Doppelleben soll definitiv Schluss sein
Es empfiehlt sich, den Seitensprung oder sogar die Affäre zu beichten, wenn du (endlich) mit dem Doppelleben Schluss machen willst – und mit der dritten Person im Bunde auch. Steht dein Entschluss, dass du dich von deinem Sexabenteuer lösen und in die Beziehung zu deinem Partner investieren willst, solltest du beichten.
In dem Fall ist Reue angebracht und du kannst hoffen, dass dein Partner dir glaubt und verzeiht. Jetzt solltest du bereit sein, deinem Partner zuliebe alle Verbindungen zur Affäre zu kappen. Kontaktversuche deinerseits machen dich unglaubwürdig.
Gründe, dein Fremdgehen zu verheimlichen
Seitensprünge (noch heftiger: langfristige Affären) gelten als Todsünde in Partnerschaften. Wenn du fremdgegangen bist, solltest du das also auf jeden Fall beichten? Nein! Es gibt einige Gründe, die für dein Schweigen sprechen:
Dein Seitensprung ist irrelevant? Beichte ihn nicht!
Dr. Wolfgang Krüger empfiehlt gegenüber Bild, nichts zu sagen, wenn es sich beim Fremdgehen zum Beispiel um eine einmalige Aktion im Urlaub unter Alkoholeinfluss gehandelt hat. Wenn der Seitensprung bei dir weder emotional nachhallt noch deine Gefühle zu deinem Partner beeinflusst, beichte nicht. Du öffnest womöglich umsonst die Büchse der Pandora. Wenn du mit dem Gedanken an deinen Fehltritt gut schlafen kannst, gefährde nicht unnötig deine Beziehung, denn laut Dr. Krüger „trennen sich zwei Drittel aller Paare innerhalb eines Jahres, weil sie sich nicht mehr auf den anderen verlassen können”.
Am besten erzählst du einem Freund oder Psychologen davon, wenn es unbedingt sein muss. Halte aber den Kreis der Mitwisser möglichst klein, damit es keinen Buschfunk gibt. Melanie Mittermeier empfiehlt ebenfalls: „Wenn du eine gute Zeit hattest und die Liebelei keine Relevanz für deine Beziehung hat – Klappe halten! Manchmal ist es wertschätzender, dem Partner nicht die blanke Wahrheit zuzumuten.”
Du willst dein Gewissen um jeden Preis erleichtern
Du fühlst dich nach deinem Seitensprung mies und hast ein schlechtes Gewissen? Logisch, dass du dich von dieser Last befreien (lassen) und beichten willst. Leider wird oft unterschätzt, was diese Art von Geständnis beim Partner anrichten kann, wie Paartherapeut Wolfgang Schmidtbauer im Profil.at-Interview erzählt. Er hat mit vielen Klienten gesprochen, die es bereuen, ihre Affäre gebeichtet zu haben: „Sie selbst haben ihr nicht besonders viel Bedeutung beigemessen, der Partner aber denkt, nie wieder vertrauen zu können.“
Dein Geständnis verschafft dir ein reines Gewissen – aber stürzt deinen Partner in tiefe Verzweiflung. Das passiert bspw. auch, wenn Menschen in ihrer Kindheit die Beziehung zu einer Bezugsperson verwehrt wurde. In diesem Fall erholen sie sich sehr schwer von einer solchen Verletzung.
Deine Beziehung ist am Ende und du willst die Trennung
Du spielst schon länger mit dem Gedanken, dich zu trennen, und deine Affäre ist das Sinnbild dafür? Dann zieh einen Schlussstrich und verletze deinen (Ex)Partner nicht on top mit einer Fremdgeh-Beichte. Besonders Frauen halten laut Dr. Krüger das Doppelleben nicht lange aus und treffen innerhalb eines Jahres eine Entscheidung.
Paarberater und Parship-Coach Eric Hegmann sagt gegenüber Bild der Frau, dass eine Affäre grundsätzlich gestanden werden sollte, wenn sie bedeutet, dass die Beziehung am Ende ist: „Das heißt nicht, dass ein Neuanfang unmöglich wäre, doch nach meiner Erfahrung ist das eher selten. Das hat zwei Gründe: Die Vertrauensbasis ist zerstört, die oder der Betrogene will vielleicht, aber kann meist der betrügenden Person nicht mehr trauen.”
So sollte deine Seitensprung-Beichte aussehen
Du hast dich entschieden, deinen Seitensprung oder deine Affäre zuzugeben? Dann solltest du es zeitnah tun, denn je mehr Zeit verstreicht, desto schwieriger wird es. Frage dich, wie du mit der Beichte umgehen würdest, aber mache deine eigene Reaktion nicht zu einer Erwartungshaltung: Dein Partner wird vermutlich ganz anders reagieren.
Laut Paarberater Hegmann ist ein Geständnis die beste Möglichkeit, um über sexuelle Wünsche und Beziehungsmodelle ehrlich und offen zu reden: „Jedes Paar sollte darüber sprechen, wie es zu Monogamie und Treue steht und wie es damit umgehen wird, wenn es sexuelle Fantasien gibt, die innerhalb der Beziehung nicht erfüllt werden.” Entweder findet ihr eine Lösung oder habt eine klare Trennung.
Sage deinem Partner, dass du die Grenzen eurer Vereinbarungen überschritten hast und darüber sprechen möchtest. Beantworte die Fragen des anderen, wie bspw. „Bist du zu ihm gefahren, als wir uns an dem Abend gestritten haben?”, aber vermeide verletzende Antworten auf Fragen wie „War sie besser im Bett?”, „Was habt ihr gemacht?”, „Wie hat sie dich berührt?”.
Ob du dein Fremdgehen beichtest oder lieber schweigst, hängt von deinem eigenen Mindset und deiner Beziehungsdynamik ab. Du solltest deine negativen Gefühle nicht in dich reinfressen, sondern mit jemandem über deinen Fehltritt sprechen, dem du vertraust – das muss nicht dein Partner sein. Reminder: Beziehungen ohne Vertrauen, Ehrlichkeit und Transparenz haben ein kurzes Ablaufdatum.
