Für viele Singles gehört Onanieren zum regelmäßigen Solo-Vergnügen. Aber wie sieht es mit Masturbation in der Beziehung oder Ehe aus?
Verschiedene Sex-Experten klären auf, warum Selbstbefriedigung trotz Partner kein Problem sein sollte.
Ist Selbstbefriedigung in der Partnerschaft normal?
Nur wenige Menschen möchten preisgeben, ob sie in einer Beziehung masturbieren oder nicht. Viel Scham ist bei dem Thema im Spiel – eigentlich unbegründet, denn selten ist das Phänomen Selbstbefriedigung in der Beziehung nicht.
Die Diplom-Psychologin und Sexualberaterin Cornelia Kardel erklärt der B.Z. im Interview: „Selbstbefriedigung ist auch in einer festen Beziehung völlig normal.“ Die Zeit sei schließlich ein kleines Time-Out ohne Einfluss auf das Liebesleben. „Für manche ist es einfach ein Weg zur schnellen Entspannung“, sagt die Expertin.
Diese Erkenntnis deckt sich auch mit den Zahlen zum Solo-Sex in einer Beziehung. Laut einer Statistik hören 80 Prozent der Deutschen in Ehe oder Partnerschaft nicht mit dem Masturbieren auf. Der Anteil von Frauen und Männern, die sich in einer Beziehung selbstbefriedigen, hält sich dabei in der Waage.
Nahezu identische Werte zeigt ebenfalls der 2020er Self-Pleasure Report von bcw und Tenga für US-Amerikaner. Onanieren in der Beziehung ist im westlichen Kulturkreis und sogar darüber hinaus insgesamt weit verbreitet.
Über Masturbation wird in der Beziehung selten gesprochen
Fragt man junge Menschen nach Selbstbefriedigung trotz Freund oder Freundin, stellt sich heraus, dass nur in den seltensten Fällen über das einsame Vergnügen geredet wird. Das hat völlig unterschiedliche Gründe.
Einige Personen masturbieren öfters, schämen sich jedoch in gewissen Situationen – wie die 28-jährige Lotte aus einem ze.tt Interview. Ihr ist es zum Beispiel unangenehm, wenn sie es sich macht, während ihr Partner schläft: „Zum Ende der Beziehung hat sich die Lust schleichend verdünnt und einmal, als er schlief, hab ich es mir selbst gemacht. Neben ihm. Ich hab mich im Nachhinein unsäglich geschämt. Es fühlte sich nach Verrat an und viel dreckiger, als ich Masturbation sonst empfinde.”
„Saubere” Selbstbefriedigung trotz Beziehung? Das geht für die meisten Männer und Frauen wohl eher alleine. Nur wenige Paare masturbieren gemeinsam bzw. nebeneinander.
Vorbehalte vor allem von Frauen
Während Männer zwar nicht gerade offen damit umgehen, aber dennoch häufiger über das Onanieren in der Beziehung oder Ehe reden, sind Frauen eher zurückhaltender. Das beobachtet auch Yvonne Keßel. Die Sex-Expertin und Psychologin wurde vom SWR-Format „Das Ding“ ausgiebig zum Thema Selbstbefriedigung in der Partnerschaft interviewt.
Schon die Wortwahl in der Umgangssprache fällt Keßel auf. Während bei Männern viele Synonyme zum „Wichsen“, „sich einen Runterholen“ und Co. bestehen, sei das bei Frauen kaum der Fall.
„Bei Frauen ist das Thema generell mehr mit Scham besetzt. Frauen reden da miteinander nicht gerne drüber, reden da generell nicht gerne drüber und verbinden das viel eher mit einem schlechten Gewissen“, erklärt die Expertin im Interview. „Bei Männern hat Selbstbefriedigung natürlich auch etwas mit Potenz zu tun, mit Stärke zu tun. Da ist es durchaus auch mal etwas Positives, zu sagen: Ja, ich mach das eben.“
Ist Selbstbefriedigung in der Ehe oder Beziehung Betrug?
Im Video erklärt Keßel, dass manche Menschen es als Betrug ansehen, wenn ihr Partner selbst Hand anlegt und dabei womöglich sogar noch an eine andere Person denkt.
Dass das jedoch ein sehr extremes Verständnis ist, stellt die Psychologin ebenfalls klar: „Es ist kein Betrug in einer Beziehung, wenn ich mich selbst befriedige.“ Was Menschen eifersüchtig macht und wo sie ihr Selbstwertgefühl verletzt sehen, können Partner jedoch nicht immer auf den ersten Blick sehen.
Deshalb empfiehlt die Expertin auch einen offenen Umgang mit dem heiklen Thema: „Ich finde es in einer Beziehung immer sinnvoll, gleich am Anfang zu sagen: ‚Wie gehen wir mit dem Thema um?‘“ Nur so könne ein Konsens gefunden werden, der für beide akzeptabel ist.
Masturbation ersetzt nicht den Sex
Einer der größten Vorbehalte ist sicher auch, dass der selbst herbeigeführte Orgasmus bei Männern wie Frauen oft stärker und intensiver sein kann, als es beim Sex der Fall ist.
Doch das muss kein Problem sein. „Mein Freund ist eifersüchtig, dass ich allein so gewaltige Orgasmen erleben kann, die oft besser sind als die mit ihm. Trotzdem mag ich den gemeinsamen Sex nicht weniger. Man kann das nicht vergleichen“, gibt beispielsweise die 29-jährige Valentina in einem Beitrag der Cosmopolitan zu verstehen.
Der Grund darin ist simpel: Beim Masturbieren fokussieren sich vor allem Frauen auf sich selbst. Doch auch Männer, die für die Selbstbefriedigung in einer Partnerschaft häufiger auf Pornos zurückgreifen, bedeutet es nicht, dass sie zwangsläufig lieber Porno-Sex haben würden. Eher geht es um erotische Traumvorstellungen, die nicht immer in der Realität umgesetzt werden müssen.
Die Frage, an wen der Partner beim Masturbieren denkt, erhält dementsprechend selten eine zufriedenstellende Wahrheit. Was im Kopf passiert, sollte im Kopf bleiben – es sei denn, es hilft dem eigenen Sexleben auf die Sprünge.
Auf unangenehme Fragen sollten Partner dementsprechend verzichten und eher offen fragen: Was erregt den oder die anderen. In den Fantasien während der Selbstbefriedigung spielt die andere Person ohnehin nur eine Nebenrolle. Wichtiger ist, welche Vorstellungen allgemein erregen.
Masturbieren kann die Beziehung bereichern
Einige Erfahrungen aus dem Spiel mit sich selbst können deshalb auch ihren Zugang ins zweisame Sexleben erhalten. Wer häufig masturbiert, weiß, was dem eigenen Körper guttut und auf welchen Fantasien die Endorphine Tango tanzen.
Viele Liebenden sind schließlich glücklich, wenn der Gegenpart weiß, was er benötigt. Stimuliert die Frau beim Sex ihre Klitoris, um leichter zum Orgasmus zu kommen, kann das den Mann sogar entlasten und anmachen.
Sexuelle Erregung überträgt sich schnell auf den Partner – gut, wer vorher geübt hat.
Selbstbefriedigung verringert Spannungen
Daneben ist Selbstbefriedigung bei Paaren ein hervorragendes Mittel zum Ausgleich unterschiedlicher Bedürfnisse. Wenn der Partner gerade keinen freien Kopf für Sex hat, man selbst aber total erregt ist – warum dann nicht selbst kurz Hand anlegen?
So sieht es letztlich jedenfalls die Sex-Expertin Kardel. In einem weiteren Interview auf fitforfun.de erklärt sie Masturbation als Hilfestellung, um sexuelle Krisen zu bewältigen: „Masturbation kann auch dazu beitragen, ein unterschiedlich starkes Interesse an Sex in der Partnerschaft auszubalancieren.“
Partner müssen sich also nicht sorgen, dass sie Unanständiges tun, wenn sie sich selbst befriedigen. Im Grunde arbeiten sie so jederzeit an einer glücklichen Beziehung – sogar alleine in der Dusche oder unter der Bettdecke. Nicht zuletzt halten sich beide durch regelmäßiges Masturbieren gesund.